Freitag, 28. Februar 2014

Uranus und der Familien-Urkonflikt

Dieser Planet, der 1781 vom deutschen Astronomen Wilhelm Herschel entdeckt wurde, ist uns hinreichend bekannt und wird in der Deutung so selbstverständlich integriert, da wir ihn in seinen Eigenschaften über lange Zeiträume beobachten konnten.

Uranus und Gaia
Wie jedesmal, wenn ein neuer Planet entdeckt wird, ergießen sich seine Bedeutungsinhalte in das kollektive Bewußtsein. Seine Entdeckung erregte großes Aufsehen, weil die Jahrtausende lange Auffassung, Saturn sei der letzte Planet, in seinen Grundfesten erschüttert wurde. So brach damals das alte Weltbild in sich zusammen, weil die Tür zu einer unsichtbaren Wirklichkeit geöffnet wurde. Dies spiegelte sich in den folgenden Jahren in der französischen Revolution, dem Zusammenbruch der Feudalherrschaft und in den Philosophen der Aufklärung. Es war insgesamt eine Zeit, die neue humanistische Ideale hervorbrachte, wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

Da wir 230 Jahre später immer noch nicht diese Ideale erreicht haben, wofür Generationen unserer Ahnen kämpften, siegten und wieder verloren, haben die alten Mächte wohl noch nicht aufgegeben. Oder wir haben etwas ganz Entscheidendes übersehen.

Zu den Daten: Uranus ist viermal so groß wie die Erde, und hat einen Äquatorialdurch-messer von 51.118 km. Seine Umlaufzeit beträgt 84 Jahre, und seine Tagesbewegung ist etwa 0°03'39'', also 3 Bogenminuten. Die Besonderheit von Uranus liegt in seinem exzentrischen Bahnverhalten, welches elliptischer ist als die inneren Planeten, außerdem ist seine Rotationsachse um fast 90° gekippt. Und das ist typisch für seine Eigenschaften: Unberechenbarkeit, Überraschung, ein Zentrumsflüchter und Narr.

Als ich mir sein Entdeckungshoroskop ansah, fand ich einen Skorpion-AC, was mich ins Grübeln brachte, weshalb ausgerechnet Uranus einen so wesensfremden AC hat. Die Lösung ist im Grunde sehr einfach: natürlich hat Uranus selbst nichts mit dem Skorpion zu schaffen, wenn man ihn losgelöst von der Erde aus heliozentrischer Sicht betrachtet. Ein Entdeckungshoroskop ist jedoch immer eine geozentrische Sichtweise, und macht deutlich, was die Energien des Planeten und seine Geschichte FÜR UNS hier zu bedeuten haben.

Der Göttervater Uranus nimmt in der Mythologie eine besondere, wenn auch nicht sehr rühmliche Stellung ein (Text aus mythentor.de):

„Vor dem Anbeginn der Zeit war das Chaos, ohne Anfang und ohne Ende. Finster waren die Nebel, aus denen es bestand, und doch lagen schon in ihnen die Urbestandteile allen Lebens: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Und so geschah es, dass sich die Finsternis (Erebos) und die Nacht (Nyx) aus dem Chaos erhob. Beide vereinigten sich und gebaren den Äther (Aither) und den Tag (Hemera).

Die erste aber unter allen Göttern war die Erdenmutter Gaia. Die Welt um sie herum war noch leer und ungeformt. So zeugte Gaia aus sich Uranos, den Himmel, Pontos, das Meer, und Tartaros, die Unterwelt. Doch noch war das Werk unvollständig und so verband sich die Erdenmutter mit ihrem Sohn Uranos und zeugte Okeanos und Tethys, aus deren Verbindung die Flüsse und die Okeaniden hevor gingen. Weitere Kinder folgten und so entstand aus der Verbindung von Hyperion und Theia die Sonne (Helios), der Mond (Selene) und die Morgenröte (Eos). Ihr Sohn Iapetos verliebte sich in die schöne Okeanidin Klymene und deren mächtige Kinder waren Atlas, Menoitis, Prometheus und Epimetheus. 


Götter-Stammbaum (click = größer)

So bevölkerte ein ganzes Göttergeschlecht in unterschiedlichsten Erscheinungsformen die frühe Welt. Titanen, einäugige Wesen, Kyklopen und Riesen trieben ihr Unwesen.
Uranos war ein herrschsüchtiger Gott und achtete darauf, dass ihm keiner seine Macht streitig machen konnte. Und so waren ihm seine mächtigen Söhne ein Dorn in seinem Auge. Schließlich verbarg er sie tief im Innern der Erde und verwehrte ihnen so, jemals das Himmelslicht zu sehen. Verzweifelt versuchte Gaia ihren Gatten von seinen Taten abzubringen. Doch es war vergebens.


Darüber war die Erdmutter so erzürnt, dass sie aus dem Erz der Erde eine Sichel formte. Mit dieser ging sie zu ihrem Sohn Kronos und redete auf ihn ein: „Sieh, wie dein eifersüchtiger Vater deine Brüder in die Unterwelt verbannt. Kein Grund gibt es für seine Tat und die heißen Tränen meines Mutterherzens können ihn nicht erweichen. Nur du, mein Sohn Kronos, kannst ihn aufhalten. Nimm diese mächtige Sichel! Mit ihr wirst du diesen grausamen Herrscher von seinem Throne stürzen können."


Kronos hörte auf die Worte seiner Mutter und lauerte seinem Vater Uranos auf, der sich zum Lager seiner Gemahlin aufgemacht hatte. Ein wilder Kampf entbrannte zwischen Vater und Sohn, bei dem die Erde zitterte. Schließlich gelang es dem Kronos, seinen Vater mit der Sichel zu entmannen. Voller Zorn warf er das Geschlecht ins Meer. In der Brandung des Ozeans erwuchs daraus Aphrodite, die schaumgeborene Göttin der Liebe.
 Tropfen von Uranos Blut fielen auf Gaia und befruchteten sie. So gebar sie die Erinnyen, schaurige Rachgöttinen, und die mächtigen Giganten.
 Uranos jedoch wurde in das finstere Verließ des Tartaros verbannt und fortan sollte nun sein Sohn Kronos herrschen. Doch er vergaß nicht die zornigen Worte seines Vaters, der ihm prophezeite: "So wie du mich vom Throne gestoßen hast, wird dereinst dein eigener Sohn dich ebenfalls zu Fall bringen!"


Davon abweichend wird in anderen Überlieferungen erzählt, daß Uranus seine Kinder fraß, oder sie in den Mutterleib Gaias zurückstopfte – beides keine guten Aussichten für die Nachkommen. Gaia konnte zumindest ihren Sohn Zeus/ Jupiter retten, indem sie ihn nach Kreta brachte, wo er in einer Höhle verborgen aufwuchs.

Dieser Mythos erzählt die Geschichte der Ur-Familie, und ist deshalb wichtig zu verstehen für uns alle; spiegelt sie doch einen Ur-Konflikt, der auch heute noch häufig vorkommt. Wir halten also fest: Gaia war die Urmutter, aus der alles Leben entsprang, und sie gebar aus sich heraus Uranus – wobei Uranus gleichzeitig der erste Schöpfungsimpuls Gottes ist, eigentlich schon die Geburt des Äthers oder des Himmels, wie oben beschrieben.

Uranus war also Gaias Sohn, den sie später zum Mann nahm (mangels Alternativen ;-) und für ihre gemeinsamen Kinder war er Vater und Bruder zugleich. Das ist der Ur-Konflikt, den wir heute als Inzest beschreiben würden, aber gemeint ist hier, daß Väter häufig unbewußt in Konkurrenz zu ihren Kindern stehen. Das passiert dann, wenn Väter eine Mutterprojektion mit ihrer Frau haben. Das bedeutet, die Frau wird unbewußt als Mutter wahrgenommen, der Mann fällt dadurch in eine Kindhaltung ihr gegenüber, und betrachtet deshalb die eigenen Kinder als Konkurrenz zur Mutter. Das ist das Problem der Geschwisterkonkurrenz, und genau das taucht hier als Schattenthema auf.

Kronos = Saturn, SP = Spiegelpunkt, HS = Halbsumme
Uranus Entdeckung
Das Entdeckungshoroskop von Uranus zeigt uns also, bei welchen irdischen Themen Uranus uns als Befreier zur Seite steht. Es geht um eine falsche mentale Vorstellung (Skorpion-AC, Pluto H1 in 3), die sich auf die Geschwisterkonkurrenz bezieht (Pluto in 3), zumal Pluto auch ein Bruder und Sohn ist, und auf die Mutterprojektion (Pluto Qu. Mond in 1, „Mutter gehört mir“). Das ist ebenso ein Revierkonflikt, und ausgerechnet sein Sohn und Bruder Kronos macht ihm das Revier streitig (Saturn H3 in 2).

Gaia wird durch den Stier am DC als Gattin dargestellt, passend für die irdische Urmutter, die aber auch göttliche Mutter ist (Venus H7 in 4 in Fische, Konj. Quaoar + Ceres). Doch Gaia ist auch der Mond, zumindest in ihrer Rolle als Mutter, und in dieser Mutterrolle wird sie in die Verstrickung hineingezogen. In ihrer Verzweiflung über die verschwundenen Kinder (wahrscheinlich von Uranus einverleibt, Mars H5 in 2 Konj. Saturn) will auch sie Macht demonstrieren, steigt also in die falschen Vorstellungen mit ein (Mond Qu. Pluto).

Doch anstatt den Konflikt zu lösen, geschieht etwas Folgenschweres: sie beauftragt Kronos, seinen Vater mit einer Sichel zu entmannen (Saturn Konj. Mars, Opp. Uranus), also ist seine Zeugungskraft dahin (Mars H5 Konj. Saturn). Auch die Wahrnehmung dieses Vorgangs ist natürlich schmerzhaft (Mars H6, Pluto Qu. Chiron in 6). Es wird deutlich die Unvereinbarkeit zwischen Vater Uranus und Sohn Saturn gezeigt (Opposition), wenn sie in diese Geschwisterkonkurrenz gehen. Eine Spannung zwischen Uranus und Saturn zeigt auch immer an, daß etwas mit dem göttlichen Prinzip Neptun nicht stimmt, und das ist auch klar, denn hier wird göttliches Leben mißachtet (Neptun SP-Opp. Sonne).

Die Handlung von Kronos vollzieht sich in der Ablehnung der göttlichen Gesetze (Saturn Qu. Varuna), und sie ist ein Verrat unter Mißachtung der Grenzen (Saturn SP Ixion in 2), sowie der Reinheit und Klarheit innerhalb der Familie (Ixion Opp. Vesta im Krebs). Die Verstrickung führt zur rücksichtslosen Grenzüberschreitung (Pluto SP Jupiter H2), und diese Konstellation sagt uns, daß die wahren Eigenschaften von Uranus und Saturn 'fehlen' – nämlich Verantwortung und Freiheit. Auch Gaia überschreitet ihre Grenzen, indem sie den Sohn animiert, den Vater zu kastrieren. Sie nimmt Uranus damit die Königsrolle (Neptun SP-Opp. Sonne H10 in 4), was ein Verrat ist (Sonne Qu. Uranus), aber der Verrat findet auch an Kronos statt, weil er für die Auseinandersetzung benutzt wird, anstatt daß die Eltern den Konflikt lösen (Uranus Opp. + Sonne Qu. Saturn).

Diese Verstrickungen bedeuten für die Familie tiefen Schmerz durch den gegenseitigen Mißbrauch (Sedna Konj. Nessus in 4, in HS Venus-Ceres + Sonne). Ihr könnt die ganze Geschichte durchaus auf heute übertragen, denn ihr glaubt nicht, wie häufig sie vorkommt. Eine 'Entthronung' des Vaters passiert oft dann, wenn die Mutter sich nicht genügend als Frau vom Vater seelisch genährt fühlt, oder wenn der Vater sich gegen die Kinder wendet, in so einer Konkurrenzhaltung. Der Sohn wird dann in die Königsrolle erhoben, die ihm nicht zusteht (zu erkennen an Sonne-Pluto Spannung). Wenn der Sohn das nicht erkennt und in dieser falschen Rolle bleibt, dann hat keine Frau neben ihm eine Chance – weil die 'Königin' ist ja schon da, nämlich die Mutter. Oft zieht sich die Verstrickung dann über Generationen, weil die Kinder des Sohnes auch entmachtet sind.

Es sieht so aus, als ob dieser Ur-Konflikt sich entlang der menschlichen Entwicklungsgeschichte bis heute gehalten hat. Dabei wäre es natürlich sehr wichtig, diese Zusammenhänge zu erkennen, falls es uns betrifft, und sich daraus zu befreien. Genau das bringt uns Uranus Entdeckungshoroskop nahe: es ist erforderlich, so eine Verstrickung aufzudecken und zu lösen, wie zB über eine Familien-Aufstellung. Wichtig ist, daß zumindest wir aus der Verstrickung herausgehen, indem wir uns emotional befreien (Wassermann in 4), und unseren eigenen Idealen folgen (Uranus H4 in 8). Dabei bestimmt Gaias Schmerz die Basis des Konflikts (Venus-Ceres Sextil Chiron), deren Krise in der Nichteinhaltung des göttlichen Schöpfungsprinzips liegt (Neptun als Spitze der Yod-Aspektfigur).

Solche Verstrickungen laufen nicht nur in Familien, sondern tauchen in vielen Strukturen auf, überall da, wo Konkurrenz geschürt wird. Konkurrenz ist auch ein Prinzip der Marktwirtschaft und sorgt für Ungleichheit, Verlustangst und 'besser sein wollen': es gibt dann Sieger und Verlierer, es entstehen Korruption und Verrat. Im Sozialismus läuft es nicht besser, da werden alle zwar gleich gestellt, aber niemand darf König sein und seine Eigenidentität pflegen. Das Bild der Monarchie ist da schon brauchbarer, natürlich nicht als Feudalherrschaft, sondern eher nach dem Vorbild von König Artus, der die Besten des Landes um sich versammelte, und mit ihnen weise und gerechte Entscheidungen traf. Damals war es auch Brauch, daß der König sich symbolisch mit der Göttin zu vereinigen hatte, um Mutter Erde zu ehren und ihren Schutz zu geloben.

Die Kastration des Uranus hat aber auch eine kollektive und ethische Bedeutung. Zum einen fand kurz nach Uranus Entdeckung die französische Revolution statt, in deren Folge der König abgesetzt und enthauptet wurde, auch eine Entsprechung dieses Horoskopes (Uranus Qu. Sonne, Opp. Mars-Saturn). Das ist auch ein Verrat (Sonne-Uranus), sogar Königsmord (Sonne-Mars). In Ländern wo so etwas passiert ist, finden sich oft noch diese Konstellationen. Weiter hat die Vorherrschaft von Kronos/Saturn die ursprüngliche Schöpfungskraft des Uranus tatsächlich kastriert, indem heutzutage alles kontrolliert wird, und eine freie Entwicklung kaum noch möglich erscheint. Zum anderen wird das Prinzip des Schöpfers mißachtet, verraten und angegriffen (Neptun SP = 25° Jungfrau, vollendet das große Quadrat). Hier soll die Wahrheit zum Ursprung kommen (Neptun in 11), daß Familie ein heiliges Terrain ist, genauso wie eine Nation (Fische in 4), und beides der Liebe und des Schutzes bedarf (Venus H12, Quaoar + Ceres in 4).

In der Verbunddeutung sind die Zeichen Fische, Wassermann und Steinbock relevant. Es geht also darum, als 1. Schritt auf unser Empfinden und die göttliche Wahrheit zu hören, wie auf unser Gespür für Freiheit (Neptun in 11). Der 2. Schritt erfordert, sich von allen Verstrickungen zu befreien (Pluto im Wassermann), die uns von der Freiheit und unseren Idealen abhalten (Uranus in 8). Im 3. Schritt geht es um die Verantwortung, Grenzen einzuhalten und zu respektieren, die zum Schutz des Lebens nötig sind (Saturn in 2), ebenso uns nicht in Revieren aufzuhalten, die für uns nicht geeignet sind. Tun wir das nicht, also folgen nicht der Bestimmung, können wir während einer Uranus Auslösung oder Transits erleben, daß wir durch die uranische Energie plötzlich aus solchen Zusammenhängen herausgehoben werden, wie zB durch Operation (geordnet) oder Unfall  (ungeordnet).

Gaia
Uranus Transite decken also oftmals alte Muster auf, in denen wir stecken. Wenn er die Sonne berührt, müssen wir schauen (am besten vorher), wo unser Leben eingeengt und nicht frei ist, und entsprechende Änderungen vornehmen. Bei einem Überlauf über den Mars können wir schauen, ob wir unsere Arbeit immer noch tun wollen, oder einen befreienden Wechsel vornehmen. Am intensivsten sind jedoch die Transite über Venus, weil sie unsere Beziehungsmuster aufdecken. Es geht dann nicht darum, das Liebesverhalten so frei laufen zu lassen, daß alles erlaubt ist – sondern wir sollten überprüfen, ob wir nicht in so einem Konkurrenzmuster gefangen sind, oder die ganze Zeit in einer falschen Rolle waren.

Ob man die alten Geschichten der Götter ernst nehmen mag oder nicht, ich denke, daß sie eine tragende Bedeutung für uns haben. Es spricht sogar einiges dafür, daß die Götter die Nachkommen von außerirdischen Besuchern waren, die sich mit Menschen gepaart hatten. Wie es auch war, ein Mythos hat immer auch eine ethische Komponente, und darum geht es sicherlich, uns selbst auf allen Ebenen zu klären, von Altlasten zu befreien, um endlich die zu werden, die wir wahrhaft sind: geliebte und liebende Kinder Gottes.