Dienstag, 25. Oktober 2011

Chiron - der verwundete Heiler

Es gibt wohl kaum eine geheimnisvollere Figur in der Astrologie als Chiron. Er galt als großer Lehrer und Heiler, als Weiser und Prophet, ein Halbgott, der zu Lebzeiten unsterblich war. Könige vertrauten ihm ihre Söhne an. Viele Mythen und Geschichten ranken sich um ihn, der die großen Helden erzog, wie Achilles, Jason, Asklepios und Herakles.

Chiron im Schütze-Sternbild
Er wurde 1977 entdeckt, und brachte damit die alternativen Heilweisen ins Bewußtsein der Menschen. Chirons Mythologie ist komplex und ebenso faszinierend. Da es eine Fülle von Ge- schichten und Deutungen über ihn gibt, und ebenso viele Bücher, kann ich in diesem Rahmen nicht auf alle Feinheiten eingehen. Ich beschränke mich deshalb auf die wesentlichsten Aspekte, und auf meine eigene Sichtweise des Entdeckungshoroskopes. Wer tiefer einsteigen möchte, dem seien diese excellenten Bücher empfohlen: „Chiron, Heiler und Botschafter des Kosmos“ von Melanie Reinhart, und „Chiron“ von Barbara Clow.

Mit diesem Artikel beginnt eine neue Reihe über die Kentauren. Sie gehören zu den Planetoiden, die innerhalb der Bahnen von Saturn, Uranus und Neptun kreisen. Chirons Bahnverlauf ver- bindet Saturn mit Uranus, und er braucht etwa 50 Jahre für einen Umlauf. Er zeigt uns den Heilungsweg heraus aus der Alten Welt, hinein in das neue grenzüberschreitende Denken.


In weiteren Artikeln werde ich über Chariklo, Pholus und Nessus berichten; es gibt auch noch Pylenor, Asbolus und Hylonome, aber die sind wirklich noch ganz unerforscht. Dort wo Chiron im Radix steht, ist unsere größte Wunde, die es zu heilen gilt, und wir lernen dies mit der Annahme des Schmerzes, indem wir unser Herz wirklich öffnen und dem Schmerz all unsere Liebe zuteil werden lassen.

Chiron war der Anführer der Kentauren, einer wilden Horde von Wesen, halb Mensch, halb Pferd, die im Norden Griechenlands zuhause waren. Sie galten als notorisch aufsässig und wollüstig, und waren dauernd in Kriege mit ihrem Nachbarvolk, den Laphiten verwickelt. Diese wiederum waren ihrem Temperament nach das genaue Gegenteil, und so finden wir in beiden die Gegensätze zwischen wilden, ungezügelten Instinkten und eines eher kontrollierten Verhaltens. Chiron konnte diese Gegensätze in sich vereinen.

Allein die Herkunftsgeschichte von Chiron ist ein einziges Drama, wie wir an der komplexen Struktur von Haus 4 sehen können. In den meisten Überlieferungen wird Saturn/Kronos als sein Vater angegeben. In einem männlichen Radix ist Haus 4 der Vater (weiblich die Mutter) und wir sehen Saturn in 4, auf dem Fixstern Regulus; dies ist also ein königlicher Vater, einer der Götter. Kronos verliebte sich in die Nymphe Philyra, die aber floh vor ihm, und verwandelte sich in eine Stute, um ihm zu entkommen. Kronos täuschte sie jedoch, indem er sich in einen Hengst verwandelte, so konnte er sich mit ihr vereinigen.

Nymphe und Kentaur, F.v. Stuck
Aus ihrer Verbindung ging ein Kind hervor: Chiron, der Kentaur, der den Körper und die Läufe eines Pferdes und den Torso eines Menschen hatte. Als Philyra das Kind sah, war sie so entsetzt, daß sie die Götter bat, sie in ein anderes Wesen zu verwandeln. Die Götter erfüllten ihre Bitte, und gaben ihr die Gestalt einer Linde. Die Mutter finden wir im Krebs- Mond, eine wissende Nymphe, denn sie stand eng in Verbindung mit Sirius. Doch fühlte sie sich verraten (Mond Konj. Nessus), vergewaltigt und beschmutzt (Mond Qu. Pluto, Vesta + Venus). Dies war tragisch für Mutter und Kind gleichermaßen.

Der verwaiste Chiron wurde von Apollo gefunden, der sein Ziehvater wurde und ihn viele Dinge lehrte. Der Asteroid Apollo steht nun in genauer Konjunktion mit Saturn; ein deutlicher Hinweis, daß Apollo die Erziehung übernahm, ist auch daran zu sehen, daß Chiron mit ihm im sehr guten Einverständnis war (Chiron Trigon Saturn/Apollo). Der Erzeuger Kronos wird mehr von der Sonne repräsentiert (H4), an ihrer Aspektstruktur sehen wir nicht nur die plötzliche Handlungsweise (Uranus Konj. + Mars Qu. Sonne), sondern auch die List und den Verrat, den er beging (Ixion Konj. Sonne + Uranus). Doch wurden damit auch eindeutig die Göttlichen Gesetze übertreten und verletzt (Ixion, Uranus Konj. Quaoar).

Hier läßt sich noch ein anderer Hintergrund vermuten, denn dieser Mythos hat wahr- scheinlich mit den Experimenten in Atlantis zu tun, wie einigen Botschaften-Quellen zu entnehmen ist. Dort wurden gentechnische Manipulationen vorgenommen, indem man zwei so unterschiedliche Wesen wie Mensch und Pferd zu einem veränderte, wie auch mit anderen Wesen. Wir können nur erahnen, welchen tiefen Konflikten Chiron ausgesetzt war: nicht nur, daß er sich weder als Mensch noch als Pferd empfinden konnte; sondern er wurde praktisch von beiden Eltern abgelehnt und im Stich gelassen, außerdem trägt er die ganze väterliche Verratsgeschichte in sich. Diese hat noch mehr Hintergrund, denn Kronos hatte seinen Vater Uranus entmannt (Mars Qu. Uranus), was ebenso hinterhältig geschah und einen Verrat am Vater bzw. am männlichen Prinzip darstellte. Chiron trägt hier das Ungelöste seiner männlichen Vorfahren, und hat deshalb auch ein schwaches Vaterbild (Mars/Uranus).

Chiron Entdeckung
Er selbst fühlt sich allein gelassen und verraten (Chiron Konj. Sedna), außer- dem fühlt er sich nirgends wirklich zugehörig (Chiron in 12, eingeschlos- sen im Stier). Er ist ein Zwitterwesen (AC 0° Zwilling), das durch seine Erfahrungen ein starkes Gerechtig- keitsgefühl entwickelt hat. Als künst- liches Wesen erschaffen, aber doch sehr lebendig und instinktiv (Skorpion- Sonne eingeschlossen, Löwe-Mars), führten ihn die Lehren Apollos in eine für ihn erträgliche Lebensweise. Chiron ergründete das Wissen in ganzer Tiefe (Merkur im Skorpion), und fand sich selbst in der Rolle des Lehrers und Heilers (Sonne Opp. Chiron), indem er seinen Zorn integrierte und diese Energie in die Kampfkunst kanalisierte (Chiron Qu. Mars).

Sein Wissen über die Heilkunst half ihm bei der seelischen Verarbeitung, an der ihm sehr viel lag, um in ein inneres Gleichgewicht zu kommen (Venus in Waage in 6). Auch hat er gelernt, sich auf seine eigene Wahrnehmung zu verlassen, denn an wem hätte er sich orientieren sollen? Ebenso zeigte ihm Apollon/Saturn, daß er auf sein Gefühl hören müsse (beide in 4). Immer wenn es um Heilung geht, spielt Chiron also eine wesentliche Rolle, insbesondere ist er den alternativen Heilweisen zugehörig. Deshalb haben Heilpraktiker so oft eine Sonne-Chiron Verbindung. Es gibt sicher keinen Schmerz, der Chiron fremd wäre – er kennt ihn durch und durch. Doch indem er lernte, sich selbst zu finden und zu leben, seine individuelle seelische Eigenart, fand er im Außen auch Anerkennung, was seinen Selbstwert stärkte (Jupiter H7 in 2). Die Tiefe der Liebe faszinierte ihn, und er suchte sie in ihrer absoluten Reinheit (Venus Konj. Vesta + Pluto), die er mit seiner Frau Chariklo fand (Chariklo steht bei ihm auf 22° Widder, Opp. Venus).

Und doch hatte er etwas aus seinem großen Schmerzpaket nicht heilen können. Denn bei einem Lehrkampf wurde Chiron am Fuß verwundet, und diese Wunde konnte er nicht heilen. Vielleicht war er an ein altes Versprechen gebunden, welches die Heilung nicht ermöglichte (Mars Konj. Orcus Qu. Chiron/Sedna). Wahrscheinlicher aber ist, daß er seine instinktive Seite (Mars) zu sehr unterdrückt hat, die sich nun in Form der Verletzung gegen ihn richtete. Indem er nun ständig nach Heilung für sich suchte, wurde seine Fähigkeit, anderen zu helfen vergrößert.

Schließlich wurde Chiron von seinem Leiden erlöst, indem er mit Prometheus das Schicksal tauschte. Dieser hatte das Feuer von den Göttern gestohlen, um es den Menschen zu bringen. Dafür wurde er an einen Felsen geschmiedet, wo ihm täglich von einem Adler die Leber gefressen wurde (allein dies birgt viel Deutungsstoff, führt aber hier zu weit). Zeus bestimmte, daß Prometheus nur von seinem Leiden erlöst werden könnte, wenn ein Unsterblicher sich einverstanden erklärte, an seiner Stelle in den Hades zu gehen und auf seine Unsterblichkeit verzichtete.

Hier kommen wir in Berührung mit Chirons Mitgefühl und Erlösungskraft, denn er ver- fügte über bedingungslose Liebe zu anderen Wesen, die er befreien wollte (Neptun H11 in 7). Das zeigt uns, wie groß die Möglichkeit ist, den eigenen Schmerz anzunehmen, um daran zu wachsen und bedingungsloses Mit- gefühl für andere zu empfinden, die in ihrem Leid steckengeblieben sind. Der Asteroid Prometheus steht im Radix auf 14° Jungfrau in Haus 5, und Chiron schenkt ihm sein Leben, was ihm Befreiung bedeutet. Nach neun Tagen setzte ihn Zeus zur Anerkennung als Schütze-Sternbild an den Himmel, nun doch für die Nachwelt unsterblich. Chirons Sehnsucht nach Erlösung war sehr stark, aber er wollte die Erlösung nie nur für sich, sondern für alle (Chiron in 12, Neptun in 7). Und in seinem Bestreben nach Bewußtheit und Heilung entschied er sich – im Gegen- satz zu seinen Ahnen – für eine göttliche Handlung (Sonne Konj. Quaoar), die ihn zutiefst menschlich werden ließ.
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Chiron steht jetzt auf 0° Fische und damit im Quadrat zu seiner Beziehungsachse und in Opposition zum Saturn. Er aktiviert somit kollektiv die Wunden, die besonders jetzt in Beziehungen aller Art aufbrechen können. Wenn Neptun ab Februar (und Sept.- Dez.'12) diesen Grad berührt, dann dürften die alten Glaubenssysteme beginnen, kollektiv zusammenzubrechen, die uns davon abhielten, unseren Schmerz zu beachten. Wir haben zuwenig auf unser Herz gehört.
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Wenn ihr ihn noch nicht kennt, besorgt euch diesen Film "Der Wunderapostel", komponiert von Burkhard Pesch.



Hier ist noch ein längerer Filmtrailer: http://www.youtube.com/watch?v=ET8HLaT7MwA