Sonntag, 19. September 2010

Der Tanz der Großen Mutter

"... was übrig bleibt, ist die Liebe"

Das Mutter-Sein hat eine herausragende Bedeutung. Die Mutter ist der Dreh- und Angelpunkt der Familie und ihr tragendes Element. Bei ihr finden alle Geborgenheit, Zuwendung, Liebe und Mitgefühl, und dies ist auch die Voraussetzung und das Fundament für die Kinder, eine gesunde Beziehungsfähigkeit zu entwickeln, zusammen mit dem Vorbild der gelebten Elternliebe.

Gustav Klimt
Wir wissen natürlich, daß diese Qualitäten nicht in allen Familien gelebt werden können. Die meisten Eltern sind nicht in sich geheilt, was ihre eigenen Kindheits-erfahrungen betrifft, von diversen Traumata ganz zu schweigen. Die Ursachen sind in frühem seelischen Missbrauch zu finden, in Schicksalen die kriegsbedingt waren und in der seit Jahrhunderten andauernden Unterdrückung des Weiblichen. Mit der äußeren Gleichstellung von Mann und Frau sind jedoch die Probleme nicht gelöst. Wir brauchen Mut, uns unsere Verletzungen anzuschauen und sie zu heilen, indem wir den Eltern vergeben und ihre Unschuld erkennen. Über diese Thematik habe ich in meinem Buch ausführlich geschrieben.

Natürlich ist dies nicht leicht, wie ich aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß. Ich bin als Seele zu einer traumatisierten und depressiven Mutter gezogen worden, die mir Jahrzehnte das Leben schwer machte. Es war zu keiner Zeit möglich, vernünftig mit ihr zu reden, weil sie nicht zuhören konnte - und wenn von mir 'Redegefahr' drohte, hat sie einfach das Thema gewechselt. Sie war in ihren Schwächen stark, eine Verdrängungskünstlerin, streng, starr und unbeugsam. Sie konnte ihre Liebe nicht zeigen, hat uns Töchter als Konkurrenz betrachtet und ständig gegen uns gekämpft - der pure Irrsinn, wenn man als Tochter und Frau eine gesunde Einstellung zur Weiblichkeit haben will, was mir trotzdem gelungen ist, indem ich mich auf meine eigene Wahrnehmung verließ. Doch nicht jeder hat den Mut, sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen, die Wunden zu heilen und neue Wege zu gehen.

Das Sich-nicht-bei-der-Mutter-geborgen-fühlen ist ein sehr westliches kollektives Trauma, bezogen auf Europa und Nordamerika. In anderen Kulturen, wie zB Afrika, ist dies überhaupt kein Thema, sondern eine Selbstverständlichkeit, das Kind die ersten Jahre in der beruhigenden Nähe der Mutter zu belassen, höchstens aufgefangen durch die Großfamilie. Dies fehlt zunehmend in unserer Gesellschaft, die in sich gespalten sich immer mehr vereinzelt und vereinsamt. Es braucht eine Veränderung in der westlichen Sichtweise, die Kinder schon mit 1 Jahr in die Krippe zu geben - denn solches ist der Garant für gestörtes Bindungsverhalten. So brauchen wir eine neue Wertschätzung für die Mütter, ihrer überaus wichtigen 24h-Arbeit einen hohen Stellenwert zu geben.


Meine Mutterthematik habe ich aufs Gründlichste aufgearbeitet. Mein Mond steht auf 27° Schütze, exakt auf dem Galaktischen Zentrum (GZ) - und dieser Umstand hat mich wohl veranlaßt, nach etwas Größerem zu suchen, das mir mütterliches Vorbild sein kann: die Große Mutter, die weibliche Gottheit. Das GZ hat Uranus/Neptun/Pluto- Qualitäten, aus der Einheit das Ursprüngliche schöpfen, mit seinem ganzen geistigen und seelischen Reichtum. Das GZ versinnbildlicht die Quelle, den reichen Strom der Liebe, an wir alle angeschlossen sind. Vielleicht ist es mein Mond, der diese Quelle mehr weiblich als männlich wahrnimmt. So fühle ich oft Energien, die vom GZ in mein Empfinden strömen, und mir ständig versichern, daß in Wahrheit unsere Seele heil ist. Nur unsere negativen Erfahrungen erschaffen uns das illusionäre Bild von Mangel und Defizit, das wir in vielerlei Kompensation auszugleichen suchen. Wir müssen lernen, uns von diesen Erfahrungen zu befreien, um die Wahrheit zu sehen: heile und hochschwingende Kinder des Lichts zu sein.

Engel von Samira
Meine Mutter ist gestern nach langer Krankheit eingeschlafen. Ich hatte gebetet, daß sie endlich Ruhe finden möge, nach einem Leben voll Entsagung und Kampf, nach starrsinnigem Festhalten und nicht loslassen können. Es war ihre Wahl, und ich habe ihr schon längst verziehen. Im Angesicht des endgültigen Abschieds stellt sich jedoch die Wahrheit ein, sofern man dafür offen ist: das Wissen um die ewige Verbundenheit, und das Fühlen von reiner Liebe. 

Liebe ist das, was übrig bleibt. In dieser Gewißheit zu sein ist wunderbar und verkleinert den Schmerz ins Nichts.

Das folgende Stück ist für meine Mutter, und für alle Frauen, geschrieben von der wunderbaren Clarissa Pinkola Estès:



"Hör mir zu, Liebes:
Unterschätze nie die Standhaftigkeit der weisen alten Frau.

Auch wenn sie gequält oder ungerecht behandelt wird, trägt sie in sich ein anderes Selbst, ein ursprüngliches, strahlendes und unzerstörbares Selbst jenseits des gepeinigten Ich - ein erleuchtetes Selbst, das immer ganz ist. Unter ihrem Mantel verbirgt sich gewiß ein Flügelpaar mit einer Spannweite von sechs Metern und in ihrer tiefen Tasche ein zusammengefalteter Wald. 

Bestimmt findet man unter ihrem Bett siebenfach mit Goldlamé beschichtete Slipper. Und durch ihre Brille kann und wird sie fast alles sehen. Der kleine Teppich vor ihrem Kamin könnte tatsächlich ein fliegender Teppich sein. Ihr ausgebreitetes Umhängetuch besitzt wahrscheinlich Kraft genug, um die Wölfe herbeizurufen oder die sternklarste Nacht kommen zu lassen.

Während sie in der Schale ihres gebrochenen Herzens durch den Himmel gleitet, bricht sie in gackerndes Lachen aus. Ihre Federn heben sich, denn sie ist Liebe, die immer lernt. Sie sinkt auf alles herab, was atmet und singt. Sie strebt danach, die Seele vor jeder Gefahr zu schützen.

Singvögel offenbaren ihr geheime Nachrichten; daher hat sie das magische Auge, das hinter die Gegenwart blickt. Wie ihr menschliches Ebenbild lebt sie sicherlich in der Nähe eines verehrten Flusses ... oder sie selbst ist schlicht und ergreifend EINS ..."